Donnerstag, 19. April 2007

Spenderniere in 12 Monaten durch Cross-over- / Überkreuz-Transplantation

Protokoll unserer Crossover-Nierentransplantation im Oktober 2006
(c) Autor + Fotos: Siegfried Aust

Dies ist die Geschichte von Christiane Steinmeyer (52) und Siegfried Aust (60), sowie Arno Killisch (68) und Ilse Killisch (62). Zwei Ehepaare aus Wuppertal bezw. Bergheim, die sich in 2006 kennen gelernt, und zu einem gemeinsamen Crossover-Projekt zusammengetan haben. Aber schön der Reihe nach:

Als meine Frau Christiane im Sommer 2005 in Folge eines
chronischen Nierenversagens dialysepflichtig wurde, bedeutete dies einen gravierenden Einschnitt in unser beider Leben: 3x4,5 Std. pro Woche war Blutwäsche (Dialyse) angesagt. Jeweils montags, mittwochs und freitags im Dialyse-Zentrum Wuppertal - natürlich waren die Tage dadurch verplant. Zum Glück waren die Wochenenden frei, und wir haben die meisten davon in inserem Mobile-Home in Elburg am Ijsselmeer verbringen dürfen.

Die Dialyssituation sprach sich in unserem Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreis sehr schnell herum . Und weil die Welt nun mal sehr klein ist, bekam ich im Spätsommer 2005 den Anruf eines guten Freundes, der seinen Lebensmittelpunkt auf Mallorca gefunden hatte. Er vermittelte uns einen Gesprächstermin mit Prof. Dr. med. Thomas Philipp vom Transplantationszentrum der Uni-Klinik Essen. Da Christiane und ich verschiedene Blutgruppen haben, verstanden wir zunächst nicht, wie uns da geholfen werden sollte.
Sehr schnell wurde es uns aber klar, als uns Prof. Dr. Philipp das Crossover-Modell erklärte:

Die potentiellen Nierenspender und -Empfänger werden in eine Datenbank aufgenommen, und mit einem sogen. Datenbankabgleich werden andere Paare gesucht, welche von den Blutgruppen und anderer genetischer Parameter her zueinander passen könnten. - Für mich als alten EDV-Profi war das natürlich d i e Lösung !

Sofort ließen wir unsere Daten in diesen Spender-Empfänger-Pool eintragen. Damit begann für uns beide ein umfangreicher Untersuchungsmarathon. Alles wurde durchgecheckt: Blut und Blutgefässe, Herz, Kreislauf, die inneren Organe - und die Nieren natürlich!
So gründlich bin ich noch nie untersucht worden.
Aber bis auf meinen (bekannten) Diabetes Typ 2 war ich fit und gesund, und somit als Nierenspender geeignet.
Auch meine Frau Christiane durch lief das volle Programm, nur noch etwas gründlicher, was ihren Immunstatus etc. betraf.

Im Frühjahr 2006 waren die Untersuchungen soweit abgeschlossen und unsere Datensätze in der Datenbank konnten 'aktiviert' werden. Schon nach wenigen Wochen kam die Erste Rückmeldung: TREFFER! Ein Ehepaar aus Bergheim bei Köln hatte sich eintragen lassen. Und hier passte es: Der Nierenempfänger hatte meine Blutgruppe (B+) und seine Ehefrau dieselbe Blutgruppe wie meine Christiane, nämlich A+.

Noch war alles anonym. Man wollte keine Hoffnungen aufkeimen lassen, welche einer näheren Betrachtung weiterer Parameter dann nicht standhalten würden. So kam es zu einem ersten Cross-Match-Vergleich (s.: Kreuzprobe). Hier werden in einer Reagenzschale Blutproben der Spender und Empfänger miteinander vermischt. Stark vereinfacht ausgedrückt: Wenn es hier bereits sichtbare Verklumpungen oder andere Reaktionen gegeben hätte, wäre das als Unverträglichkeit gewertet worden. Trotz gleicher Blutgruppen wäre eine Nierenspende nicht möglich gewesen!

Glücklicherweise verlief der Cross-Match-Vergleich ohne
diese Reaktionen und wir durften das andere Ehepaar
kennenlernen: Arno und Ilse Killisch aus Bergheim bei Köln. Sehr schnell kamen wir miteinander ins Gespräch und tauschten zunächst unsere gemachten Erfahrungen über das Leben mit der Dialyse aus. Arno hatte als Heimdialyse seit 4 1/2 Jahren eine sogen. 'Bauchfelldialyse' hinter sich. Täglich 5 x 1,5 Stunden an der Dialyse, damit waren selbst kurze Urlaubsreisen passé!

Wir stellten darüber hinaus viele gemeinsame Interessen und Schicksals-Parallelen in unseren Lebensläufen fest, so dass sich sehr schnell zu einer freundschaftlichen Verbundenheit kam.
Wir beschlossen, das Crossover-Projekt gemeinsam anzugehen und durchzustehen! Im Verlauf der Transplantationsvorbereitungen wurden wir Vier gemeinsam vor eine Ethik-Kommission geladen. Dort wurden wir intensiv befragt, wann und wo wie wir uns kennengelernt habe, und ob wirklich eine (von unserem Transplantationsgesetz geforderte) freundschaftliche Verbundenheit vorliegt. Da gab es jedoch keinerlei Zweifel.
"Was kostet denn so eine Spenderniere?" wurde Christiane einmal von einer Dialyse-Nachbarin gefragt. Natürlich nichts - denn da kennt unser Gesetzgeber kein Pardon: Jeglicher Organhandel ist untersagt und wird empflindlich bestraft.

Im Sommer 2006 waren für jeden von uns die Voraussetzungen für eine Überkreuz-Transplantation erfüllt, und nun ging es nur noch um einen passenden Termin. Es wurde vereinbart, dass die Transplantationen jeweils in der Klinik des Organempfänges stattfinden.
Ich musste also zu Arno ins Krankenhaus Köln-Merheim, und Ilse in die Uni-Klinik Essen, wo Christiane ihre Niere transplantiert werden sollte.
Am 26.10.2006 wurden unsere Operationen
zeitgleich gestartet.

Es ist gut gegangen, genau wie wir es uns erhofft haben, und wir blicken nun schon auf über 12 Monaten mit den neuen Nieren zurück.

Unser besonderer Dank geht an ...

... Herrn Prof.Dr.med. Thomas Philipp vom Uniklinikum Essen, und Oberarzt Dr.med. Oliver Witzke mit ihrem medizinischem Team, sowie Frau Brigitte Schüssler, die als Sekretärin des Transplantationsbüros für einen perfekten Organisationsabläuf gesorgt hat.

... Herrn Oberarzt Dr.med. W. Arns vom Krankenhaus Köln-Merheim und seinem Team. Hier wurde die zweite Op zeitgleich mit Essen durchgeführt. Alles hat vorzüglich geklappt, und ich konnte sogar kurz nach der Nierenspende in die Uniklinik Essen wechseln, wo ich für eine Woche bei meiner Frau auf einem Zimmer verbringen durfte. - Im Gegenzug zog Ilse von Essen nach Merheim, um Ihrem Ehemann Arno nahe zu sein .

Noch einmal vielen Dank für Alles!

Jetzt sind mittlerweile 4 Jahre vergangen und uns Vieren geht es gut. Wir sind mittlerweile Freunde geworden und es vergeht keine Woche, wo wir uns nicht anrufen um uns zu vergewissern, dass es den Anderen auch gut geht. Oft unternehmen wir etwas zusammen: Lecker Essen gehen, Kleine Ausflüge oder eine gemeinsame Brauhaustour in Kölle. - Jetzt ist alles möglich!

Falls noch Fragen an uns, die Beteiligten, offen geblieben sind, beantworten wir sie gern. Mailen Sie uns an: chr-stm@gmx.de oder rufen einfach an: 0202-442718

Und hier gibt's den Organspenderausweis zum Downloaden
Einfach drauf klicken, runterladen, ausdrucken, ausfüllen, zu Perso und
Führerschein in's Portemonnaye stecken - fertig!
Das wollten Sie doch schon lange tun - jetzt gibt es keine Ausrede mehr!


Dieser Blog wird laufend ergänzt - schauen Sie doch in Kürze wieder vorbei.